23.01.2010

Unglaubliche Effekte

KUNST Faszinierende Fotoausstellung "Skateboarding.3D"

In eine neue Dimension der Wahrnehmung entführt die mehrfach preisgekrönte Fotoausstellung "Skateboarding.3D" von Sebastian Denz, die jetzt nach Präsentationen in Hamburg, New York und auf der Photokina bei Josef Schneider Optische Werke eröffnet wurde. Die Besucher der Vernissage waren restlos begeistert von den großformatigen Stereofotografien aus der urbanen Skaterszene, sie kamen angesichts der unglaublichen dreidimensionalen Effekte mit ihrer großartig inszenierten Tiefenwirkung gar nicht mehr aus dem Staunen heraus.

Unter wuchtigen Baumstämmen hindurch, hinter einen Mauerdurchbruch, vor einer Graffitiwand über das Dach eines alten Kombis oder durch ein holpriges Gässchen schienen die Skater Räume zu durchbrechen, förmlich aus ihrem Bild heraus auf den Betrachter zuzufliegen und ihn mitten ins Geschehen hinein zu ziehen. Man hätte sie fast greifen können, glaubte jedes Hoppeln des Boards über das Kopfsteinpflaster intensiv zu spüren und bewegte sich fast automatisch vor den Bildern hin und her: So wurden die Szenen erst richtig lebendig, trotz "stehendem Bild" schien der Hintergrund dynamisch vorbeizuziehen: Extrem aufregende Aha-Erlebnisse, die man sich zuvor bei einer bloßen Momentaufnahme gar nicht hätte vorstellen können.

Aber auch in 2D, ohne die Rot-Cyan-Brille, waren die kraftvoll und ästhetisch ins Bild gesetzten extremen Tricks und die ausdrucksstarken Porträts mit ihrer pulsierenden Farbigkeit und den charakteristischen "anaglyphen Farbsäumen" im Komplementärkontrast eine Klasse für sich: zum einen durch den hohen künstlerischen Anspruch, zum anderen durch die handwerkliche Perfektion und eine nie zuvor gesehene Qualität mit einer frappierenden Schärfe und Brillanz. Da konnte man fast jede Pore sehen, aber trotz mehr als lebensgroßer Vergrößerung keine störenden Pixel.

Entstanden sind die Fotos mit einer eigens konstruierten Großformatkamera, die noch konventionell mit Negativmaterial "gefüttert" wird: Pro Foto mit einer "Filmplatte" in der Größe 20 x 25 cm. Für den Stereoeffekt sorgen zwei im Augenabstand montierte Objekte - Apo-Symmare L 150 aus dem Hause Schneider - die synchron ausgelöst werden und die gleiche Szene aus leicht versetzten Perspektiven zeigen. Die Einfärbung in Komplementärfarben, durch die das Gehirn die Bilder dank entsprechender Brille dreidimensional "sieht", erfolgte aufwändig per Software.

Die Herausforderungen bei Denz´ Aufnahmen ist für die heute fotografierende "Digitalgeneration" kaum noch nachzuvollziehen: Da gibt es weder bequemen Autofokus noch die Möglichkeit, nicht gelungenes einfach zu löschen, ebenso wenig die "schnelle Kontrolle danach". Bei 20 Euro Filmkosten pro Aufnahme bleibt auch nicht viel Raum für "Fehlschüsse". 30 Aufnahmen für jedes Bildpaar - ein Porträt und eine Actionszene pro Skater - hatte sich Denz als Limit gesetzt.

Schon das statische Foto verlangte höchste Präzision: Damit die Fotos viel Atmosphäre bekamen, arbeitete er mit möglichst offener Blende, die gerade eine Schärfentiefe von wenigen Zentimetern, von der Pupille bis zur Nasenspitze bot. Das Modell musste daher regungslos verharren, nachdem der Fotograf unter dem schwarzen Tuch mit der Lupe auf der Mattscheibe fokussiert hatte. Noch ein paar Nummern schwieriger wurde es bei den Actionszenen, deren Schärfebereich kaum größer war: Da musste der Skater exakt an der zuvor festgelegten Stelle den Höhepunkt seines Tricks präsentieren und der Fotograf im richtigen Sekundenbruchteil abdrücken. "Manchmal hat man schon im Ansatz gesehen, wenn ein Trick nichts wurde und konnte den Auslösefinger noch rechtzeitig bremsen", erzählte Denz. Oft war es aber auch zu spät und 20 Euro "für die Katz".

In die faszinierende Ausstellung hatten Corporate-Design-Manager Peter Lebeda sowie Prof. Dr. Martin Roman Deppner von der Fachhochschule Bielefeld als einer von Denz´ Lehrmeistern eingeführt. Er hatte den Fotos auch ohne 3D einen fast impressionistischen Stil attestiert und Parallelen zum Pointillismus gezogen, bei dem man ebenfalls durch "Zusammen sehen" der Farben zu einem neuen Bild kommt.

Die Ausstellung bei Josef Schneider Optische Werke ist bis zum bis 21. Februar, jeweils sonntags von 15 bis 18 Uhr zu besichtigen. Der Eintritt ist frei.

Quelle: allgemeine-zeitung.de

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