26.10.2009

Antikes Wiesbaden - Römer waren schon viel früher da

Die Römer besiedelten das Rheingau schon 100 Jahre früher als bisher angenommen. Eine junge Archäologin erzählt, warum das so schwer herauszufinden war.

Wo heute Stadthäuser, Straßen oder Reben stehen, zählte die Archäologin Anne Wieland insgesamt 148 römische Gutshöfe. Deren Bewohner waren meist reiche Bürger oder Militärs, die mit ihren Ackerfrüchten die umliegenden Legionen versorgten. Bisher waren Historiker davon ausgegangen, dass die Römer sich im 2. Jahrhundert nach Christus in der Gegend um Wiesbaden niederließen. Doch Wieland fand im Rahmen ihrer Doktorarbeit heraus, dass sie schon gut 100 Jahre früher kamen. Die Arbeit entstand in Zusammenarbeit mit dem Hessischen Landesamt für Denkmalpflege.

Viele der Gutshöfe waren längst dokumentiert oder an bestimmten Orten vermutet worden. Doch vor Wieland hatte noch niemand systematisch alle vorhandenen Hinweise auf antike Siedlungen in Wiesbaden und im Rheingau zusammengetragen. "Alte Aufzeichnungen, Forschungen der lokalen Geschichtsvereine, Fundstücke, all das ist in meine Arbeit eingeflossen.", erklärt sie.

Wie an einer Perlenschnur

Wenn Wieland genügend Indizien hatte, dass an einer bestimmten Stelle eine noch unentdeckte Siedlung sein könnte, fuhr sie hin und untersuchte den Standort auf typische Merkmale: "Die Lage war meist am Hang, oberhalb war das Gelände meist geeignet für Getreideanbau oder Viehzucht. Außerdem befanden sich die Villen entlang wichtiger Wasseradern und Straßen."

Normalerweise standen die Gehöfte in regelmäßigen Abständen entlang der Hangkante wie an einer Perlenkette. Das wird die Suche nach weiteren Römerhöfen erleichtern, erklärt Wieland: "Wenn zwei Fundstellen auffällig weit voneinander entfernt sind, können Sie damit rechnen, dass dazwischen noch ein Landgut lag."

In der Wetterau war die Suche einfacher

Dass diese Höfe nicht längst alle entdeckt wurden, liegt an den schwierigen Bedingungen für Archäologen: Im Stadtgebiet ist der Boden komplett versiegelt, und Reben kann man auch nicht einfach auf der Suche nach antiken Spuren umpflügen.

In der Wetterau, wo schon 350 Römerhöfe entdeckt wurden, war das viel einfacher. Denn dort liegen die Mauern unterm Acker – deshalb kann man sie mit einer einfachen Methode aus der Luft entdecken: Wenn im Boden Mauern versteckt sind, wächst das Getreide nicht so hoch wie auf reinem Erdboden. "Aber das funktioniert natürlich nur auf Feldern, wo Getreide wächst – und das haben wir hier nicht."

Kamerafahrt durch römische Gassen

Und selbst die wenigen Äcker kann man wegen der Flughafen-Nähe kaum aus der Luft analysieren. Deshalb musste Wieland außer allen verfügbaren Quellen auch raffinierte technische Mittel einsetzen - Unterirdische Gemäuer können zum Beispiel sichtbar gemacht werden, weil sie das Magnetfeld der Erde stören. Mit viel Fleiß und etwas Glück könnte bald ein recht lückenloses Bild der römischen Siedlungen entstehen.

Wielands Arbeit gehört zu einem größeren Projekt des Hessischen Landesamts für Denkmalpflege. Vera Rupp, im Landesamt zuständig für Archäologie, würde die Wiesbadener Antike gern allen zugänglich machen: "Wir planen ein römisches Stadtkataster von Wiesbaden im Internet, das den Bürgern zeigt, wie die Stadt damals aussah. Sogar eine virtuelle Kamerafahrt durch römische Gassen ist denkbar."

Quelle: hr-online.de

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