18.10.2009

Schwedenkugel im Brückenhaus

STADTGESCHICHTE Das eiserne Geschoss hatte schon früh seinen Platz in der Fassade

(se). Es ist Kreuznachs bekanntestes Baudenkmal, das Brückenhaus Mannheimer Straße 94. 1609 zahlte der "Eisenkrämer" Nikolaus Gärtner der Stadt 400 Gulden für die Genehmigung, auf dem Brückenpfeiler ein "Häuslein" zu errichten. Nach Gärtners Tod (1622) zog Anton Herter ein, Küster und Glöckner der nahen Wörthkirche (St. Paulus). 1643 wurde sein Sohn Nikolaus geboren. Noch das ,Morgenbuch` von 1715 führt ihn als Besitzer.

1620 hatte der Krieg, den man den ,30-jährigen` nennen wird, auch Kreuznach erreicht. Der spanische Feldherr Spinola nahm die Stadt "nach kurzer Beschießung" für den Kaiser in Besitz, der sie 1632 an den Schwedenkönig Gustav Adolf verlor. 1635 kehrten die Kaiserlichen zurück - bis sie 1639 den Franzosen weichen mussten. Die blieben bis 1650, abgesehen von einem erneuten kaiserlich-spanischen Zwischenspiel, 1641-44.

Das Brückenhaus kam unzerstört durch die Kriegswirren, an die es durch ein besonderes "Wahrzeichen" erinnert. In die Vorderfront ist nämlich eine Kanonenkugel eingelassen und mit der Umschrift versehen: "Geschoss der Schweden 1632".

1949 musste man sich mit den Hinterlassenschaften eines anderen Krieges befassen. "Kinder, die sich für den Kreuznacher Jahrmarkt noch einige Groschen verdienen wollten, suchten in den Trümmern nach altem Eisen und fanden dabei in einem Hause in der Kaiser-Wilhelm-Straße eine Eierhandgranate. Ein zufällig des Weges kommender Mann nahm sie an sich und vernichtete sie." Das bei der Brückensprengung am 16. März 1945 schwer beschädigte Geschäftshaus Mannheimer Straße 69 war vier Jahre danach neu erstanden und hatte seine heutige Gestalt - mit dem Laubengang - erhalten. "Ein längst vergangenes Kriegsereignis ruft eine eiserne Bombarde (!) wach, die man im Holz des Fachwerks gefunden hat. Womöglich wurde sie aus den Batterien der Schweden abgefeuert, die sich 1632 mit einer großen Beschießung den Eintritt in die Stadt erzwangen."

Nr. 69 gehörte, wie Nr. 94 auch, der Familie Wohlleben. Nicht abwegig also die Vermutung, der Fund von 1949 habe in der Fassade von Nr. 94 seine dekorative Auferstehung erlebt. In Wahrheit aber hat der ungewöhnliche Wandschmuck schon längst dort gesessen, wo Fotopionierin Nelli Schmithals ihn um 1910 auf die Platte bannte. Bleibt nur die Frage, was aus der zweiten Schwedenkugel geworden ist...

Quelle: Allgemeine Zeitung

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